NGC-Experten erkennen jede Variante mit detektivischem Gespür
Veröffentlicht am 07.07.2018
Von Sebastian Wieschowski Numismatischer Fachautor
Auch wenn die Deutsche Mark seit nunmehr 16 Jahren in der Münzschmelze verschwunden ist, hat wohl fast jeder Deutsche noch den rötlichen Glanz eines Glückspfennigs im Gedächtnis: Bis zum Jahr 2001 wurden über 17 Milliarden Exemplare aus Stahl mit einer Kupferplattierung geprägt und gelten bis heute als Massenware mit einem eher geringen numismatischen Wert.
Diese Einschätzung trifft jedoch nicht auf einen besonderen Pfennig zu, der im Mai 2018 von NGC einer professionellen Einstufung unterzogen wurde: Der Pfennig wurde auf einem Messingschrötling ohne Eisenkern geprägt, bislang sind nur zwei Exemplare dieses exotischen Pfennigs bekannt.
Die meisten Numismatiker sind mit Leidenschaft auf der ständigen Suche nach besonderen Stücken für ihre Sammlung - und das Sammelgebiet der Proben und Varianten stellt eine exotische sowie gleichwohl faszinierende Fundgrube für numismatische Kuriositäten dar. Denn hier warten Münzen auf ihre Entdeckung, die es in der Standardausführung milliardenfach und als Variante im besten Fall nur einmal auf der Welt gibt - und hinter denen sich spannende numismatische Anekdoten verbergen.
Dies trifft auch auf den Messing-Pfennig zu: Hiervon wurden laut Schaaf, dem Standardwerk für die Proben der deutschen Münzen, nur zwei Stück für die Vereinigten Deutschen Metallwerke in Altena geprägt. Ob in der Chefetage der Fabrik, die fast hundert Jahre lang die Rohlinge für deutsche Münzen produziert hatte, eine Alternative für die bis heute bekannten rötlichen Pfennige vorbereitet wurde, ist nicht bekannt.
NGC hat den Bedarf nach einer fundierten Expertise für dieses Sammelgebiet früh erkannt und bietet seinen Kunden auch in Europa den "VarietyPlus"-Service an: Gegen einen geringen Aufpreis untersuchen die NGC-Experten die eingereichte Münze auf eine anerkannte Variante und bescheinigen die anwendbare Beschreibung auf dem Label des NGC-Slabs.
Wer sich für diese Dienstleistung interessiert, muss lediglich eine Einstufungskategorie gemäß des Münzwerts und dann den Zusatz-Service "VarietyPlus" auswählen. Zuvor sollte in dem speziellen NGC-Variantenkatalog unter "NGCcoin.com/VarietyPlus" überprüft werden, ob die vermutete Variante bereits anerkannt ist. Außerdem ist in dieser Datenbank ersichtlich, ob NGC für die Berücksichtigung einer bestimmten Variante auf dem Label des Slabs die Zusatz-Gebühr erlässt – dies ist beispielsweise bei den Jahreszahlen-Varianten auf chinesischen Panda-Münzen der Fall: NGC erkennt hier automatisch, ob es sich um eine „Small Date“ oder „Large Date“ Variante handelt, und fügt diese Bezeichnung automatisch und ohne Aufpreis hinzu.
Nicht nur für die geldgeschichtliche Forschung, auch für die Experten der Numismatic Guaranty Corporation stellt die Einstufung einer Probe oder Variante eine besondere Herausforderung dar: In fast jedem Land der Welt sind ähnliche Seltenheiten wie der deutsche Messing-Pfennig aufgetaucht und bis heute nicht vollständig katalogisiert. Oft werden die Fachwerke - wie der deutsche "Schaaf"-Katalog - nicht neu aufgelegt. Häufig leisten die Grader von NGC deshalb numismatische Pionierarbeit auf wissenschaftlichem Niveau, wenn beispielsweise eine tatsächlich existierende Variante noch nicht in einschlägiger Fachliteratur vorhanden ist oder entsprechende Fundstellen erst in der umfangreichen NGC-Fachbibliothek aufgespürt werden müssen.
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Der Messing-Pfennig aus Deutschland brachte das Einstufungs-Team in der NGC-Zentrale in Sarasota (Florida) allerdings nicht ins Schwitzen: Sie gaben der Münze die Bezeichnung "BRASS OFF-METAL STRIKE" mit Verweis auf die Literatur-Fundstelle "SCHAAF-376M3" und stellten eine unsachgemäße Reinigung fest, sodass das Grading auf "UNC DETAILS" festgelegt wurde.
Neben dem seltenen Pfennig aus Messing erhielt NGC im Mai 2018 eine weitere numismatische Kuriosität aus Deutschland: Das Zwei-Pfennig-Stück aus dem Jahr 1968 wies eine kupferplattierte Stahlronde auf. Normalerweise müsste die Münze aus Bronze beziehungsweise Kupfer geprägt sein, da bis Ende 1967 ausschließlich Ronden aus Bronze für die Zwei-Pfennig-Münzen eingesetzt wurden. Im Jahr 1968 kam es zu einer Übergangsphase, in der je nach Prägeanstalt beide Rondenmaterialien wurden und seit 1969 erschienen die Pfennige ausschließlich mit kupferplattierten Stahlronden.
Das besondere Zwei-Pfennig-Stück zählt jedoch zu den 520 Exemplare der insgesamt 4.150 Zwei-Pfennig-Stücke, die in Karlsruhe in Spiegelglanz-Ausführung für Sammler-Sätze geprägt wurden. Diese wiesen eine kupferplattierte Stahlronde auf – diese Legierung sollte es eigentlich 1967 noch nicht geben.
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Das Rätsel konnte jedoch nach einer kurzen Recherche gelöst werden: Weil für die später geprägte letzte Tranche mit 520 Stück die alten Bronzeronden fehlten, griff man offenbar kurzerhand auf die „neuen“ kupferplattierten Stahlronden zurück.
Die Einreichung eines solchen Zwei-Pfennig-Stücks aus dem Jahr 1967 wurde als "COPPER-PLATED STEEL"-Variante anerkannt und mit "PF 65 RB" bewertet - "PF" steht hierbei für "Proof" und "RB" für eine rot-bräunliche Tönung.
Sebastian Wieschowski arbeitet seit 2007 als Autor mit Fokus auf Münzen und Edelmetalle. Seine Artikel sind in Fachzeitschriften wie MünzenRevue, Coin World sowie dem Journal of East Asian Numismatics erschienen. Er ist Autor vom Bullion Buch sowie dem Schwarzbuch Münzfälschungen und Absolvent der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft.
Dies ist ein Gastartikel. Die Gedanken und Meinungen in diesem Text spiegeln den Standpunkt des Autors wieder und müssen nicht zwangsläufig mit der Position der Certified Collectibles Group übereinstimmen.
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